Titan versus Edelstahl in der additiven Fertigung: lohnende Rechnung für kluge Köpfe

Müssen auch Sie Ihre Preise nach oben anpassen und suchen nach Möglichkeiten, das so moderat wie möglich zu tun? Explodierende Beschaffungskosten sind in so gut wie allen Bereichen ein echtes Problem geworden, und das klammert auch den Sektor Prototypen und Vor- oder Kleinstserien in additiver Fertigungsweise nicht aus. Doch hier machen weniger die steigenden Rohstoffkosten den Kern des Problems aus: Vielmehr bleiben hier die Maschinenlaufzeiten und damit verbundene Kosten nach wie vor der entscheidende Faktor. Gerade wenn zwei – auf den ersten Blick sehr unterschiedliche – Werkstoffe mit durchaus ähnlichen Eigenschaften aufwarten, sollte man in der additiven Fertigung mehr betrachten als nur den Kilopreis des Rohstoffs.

Titan vs. Edelstahl: Werkstoff-Einkaufspreis ausschlaggebend?

Nehmen wir zum Beispiel Titan und Edelstahl: Titan ist mit 250 Euro pro Kilogramm im Einkauf gut fünfmal so teuer wie Edelstahl, den es aktuell für um die 50 Euro je Kilogramm gibt. War’s das dann schon mit dem Vergleich? Von wegen: Denn wenn man berücksichtigt, dass sich Titan bei VMR bis zu fünfmal schneller in der additiven Fertigung mittels SLM fertigen lässt, sieht die Rechnung plötzlich ganz anders aus: Dadurch kann ein Teil aus Titan nicht nur wesentlich schneller, sondern auch noch um bis zu 30 Prozent günstiger hergestellt werden – deutlich kürzere Maschinenlaufzeiten machen’s möglich!

Titan trotz Nachbearbeitung günstiger

Und nach dem Herstellen des Rohteils? Wie sieht es bei der Nachbearbeitung aus? Zugegeben: Die nachträgliche Zerspanung an Titanteilen ist aufwendiger als bei Edelstahl und erfordert mehr Know-how. So dürfen zum Beispiel Vorschub und Drehzahl nicht zu hoch ausfallen, damit ungewollte Hitzeentwicklungen an der Teileoberfläche nicht zu Schäden führen können. Dennoch bleibt das Titanteil inklusive seiner zerspanenden Nachbearbeitung unter dem Endpreis eines identisch konstruierten Edelstahlteils – und auch der Zeitvorteil bleibt erhalten!

Titan punktet physikalisch

Wie schlägt sich Titan aber im Vergleich zu Edelstahl hinsichtlich seiner physikalischen Eigenschaften? Denn natürlich hängt die Eignung eines Werkstoffs auch wesentlich vom gewünschten Einsatz für ein daraus gefertigtes Bauteil ab. Betrachten wir also zunächst die physikalischen Kenndaten beider Werkstoffe im Vergleich:

Physikalische GrößeTitan Ti6Al4VEdelstahl 1.4404
Elastizitätsmodul115 GPa190 GPa
Zugfestigkeit960 MPa650 MPa
Dehngrenze (Rp 0,2 %)890 MPa520 MPa
Bruchdehnung A14 %38 %
Härte nach Vickers310 HV10 (30 µm Schichtdicke)200 HV0,5 (50 µm Schichtdicke)
Wärmeleitfähigkeit bei 20 °C7,1 W/mK16,2 W/mK
Massendichte4,43 g/cm³7,99 g/cm³
Bauteildichte>/= 99,5 %>/= 99,6 %
Bauteilgenauigkeit+/- 0,1 – 0,2 mm+/- 0,1 – 0,2 mm
Mindestwandstärke0,3 – 0,4 mm0,3 – 0,4 mm

Je nach Anforderung kann Titan also auch in physikalischer Hinsicht die bessere Wahl sein: ein geringeres Gewicht, eine deutlich höhere Zugfestigkeit, Dehngrenze und Härte bei identischer Bauteildichte und -genauigkeit machen Titan zu einer oft besseren Alternative zu Edelstahl. Da sind auch die chemischen Eigenschaften in wesentlichen Bereichen kein Hindernis, die über weite Strecken recht ähnlich sind. Näheres zu den Werkstoffen erfahren Sie auch unter diesen Links:

Titan Ti6Al4V    Edelstahl 1.4404

 

Schon gewusst? Titanteile additiv günstiger als zerspant!

Hätten Sie gedacht, dass ein Teil aus Titan in der additiven Fertigung inzwischen unter Umständen günstiger hergestellt werden kann als durch die klassische Zerspanung? Der Grund liegt im Materialverbrauch: Beim Zerspanen aus einem Rohling gehen oft 70 bis 80 % des Werkstoffs als Abfall in die Kostenrechnung ein. Bei der additiven Fertigung entfällt dieses Problem weitgehend, denn erforderliche Stützstrukturen im Selektiven Laserschmelzen sind volumenmäßig eher zu vernachlässigen.

Rechenbeispiel: Kleinstserie nochmal schneller und günstiger

Wir wollten es genau wissen und haben einen Auftrag aus der additiven Fertigung noch einmal neu kalkuliert, den wir vor einiger Zeit schon für einen Kunden aus der Medizintechnik in Edelstahl und per selektivem Laserschmelzen mit anschließender Nachbearbeitung umgesetzt hatten: Konkret handelte es sich um 100 Bauteile für eine Dosiereinrichtung, die wir innerhalb von 10 Arbeitstagen aus Edelstahl herstellten und mit einer Oberflächen-Nachbearbeitung veredelten. So erreichte der Außenbereich eine Rz 3,6, der kritische Innenbereich der Dosiervorrichtung sogar Ra 0,2. Der Vorteil unseres Kunden lag durch die additive Fertigung statt einer konventionellen Zerspanung auf der Hand: Seine Teile konnte er fünf Wochen früher in Empfang nehmen, und das zu 35 Prozent geringeren Kosten. Hätten wir die identischen Teile mit einer identischen Qualität aus Titan gefertigt, so wären die Kosten gegenüber der Edelstahlversion noch einmal um 35 % niedriger ausgefallen!

Titan: vielseitig und die Alternative für Sie?

So vielseitig die schon praxiserprobte Anwendung von Titan ist, so breit ist auch das Spektrum der noch denkbaren Einsatzgebiete. So wird Titan wegen seiner Eigenschaften oft im Flugzeugbau, im Schiffsbau und in der Medizintechnik verwendet – in letzterem Bereich schätzt man unter anderem auch die hervorragende Bioverträglichkeit. Dazu kommen eine gute Korrosions- und Säure-Beständigkeit. Wie Sie sehen: Es muss keineswegs immer Edelstahl sein!

 

Wir beraten Sie gern zu den Möglichkeiten,
die Titan auch für Sie zu bieten hat – lassen Sie uns ins Gespräch kommen!

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